kulturprojekte im zentrum…

Artikel zum Masterstudium von Frank Matzke (Studiengangsleitung) in Theaterpädagogik 2 10/2017.

Performative Künste in sozialen Feldern: Neuer Masterstudiengang an der Frankfurt University of Applied Sciences. Kulturprojekte im Zentrum des Studiums.

PDF MA_performative_künste_Theaterpädagogik2_10 2017

Kultur- und Theaterprojekte haben von je her das Bild des Fachbereichs Soziale Arbeit und Gesundheit an der Frankfurt University of Applied Sciences (bislang bekannt unter Fachhochschule Frankfurt) mitgeprägt. Besonders mit Einführung des Bachelor-/Mastersystems vermitteln ästhetische Produktionen im Studienschwerpunkt „Kultur und Medien“ des BA Soziale Arbeit ihre Anliegen auf welch vielfältige Art und Weise in das akademische System Hochschule und in die Stadtgesellschaft Frankfurt. Kultur- und Kunstprojekte im öffentlichen Raum wie „2267 Schritte – eine multimediale soziale Stadtführungen im Frankfurter Bahnhofsviertel“, „Umzüge – Wohnen und Wohnungslosigkeit in Frankfurt“ an der Frankfurter Hauptwache, „Performed City“ – eine performative Stadtaufstellung und -konstitution in der Stadt Raunheim, interkulturelle Interventionen (s. Projektbericht von Isabel Dorn „Teilen – Spielformen interkultureller Begegnung“), schulsystemübergreifende Kulturprojekte „Höchst Possible“ oder das Musik- und Theaterprojekt „High Life“ mit Besucher*innen von Einrichtungen der Frankfurter Drogenhilfe sind einige dieser Vorzeigeprojekte. Ihr Reiz liegt im Aufforderungscharakter aktueller gesellschaftlicher Themen und Dynamiken, die nach innovativen wahrnehmungssensibilisierenden Handlungskonzepten verlangen. Dies hat zur Folge, dass sich vermehrt Studieninteressierte für ein Studium an der Schnittstelle von Kunst und Sozialem an der FRA UAS entscheiden und nach Abschluss ihres Bachelorstudiums Interesse an einem vertiefenden Masterstudium zeigen. Der Masterstudiengang „Performative Künste in sozialen Feldern“ trägt diesem Anliegen Rechnung und hat zum Sommersemester 2017 die ersten Studierenden aufgenommen. Im Folgenden wird das Konzept in seinen Grundzügen vorgestellt.

Kultur und Gesellschaft als performatives Konstrukt und Möglichkeitsraum

Der Studiengang versteht Kultur und Gesellschaft im Wesentlichen als ein über Handlungen und Aufführungen im Sinne von „cultural performances“ konstituiertes soziales Konstrukt. Entsprechend eines solchen erweiterten Kulturbegriffs werden im Masterstudiengang „Performative Künste in sozialen Feldern“ Kunstprojekte konzipiert und durchgeführt, die in kulturellen, sozialen und politischen Kontexten passgenaue künstlerische Setzungen entwickeln. Sie haben das Ziel Handlungs- und Möglichkeitsräume zu initiieren und zu inszenieren, in denen Aushandlungsprozesse zwischen den sozialen Akteur*innen beispielsweise eines Stadtteils, einer Institution oder einer sozialen Gruppe angestoßen werden. Auf diese Weise reagieren sie direkt auf Verfassungen von sozialen Feldern und wirken auf diese milieubildend ein.

Von Praxisvertreter*innen aus dem Rhein-Main-Gebiet wurden im Entwicklungsprozess des Masterstudiengangs ein Bedarf an partizipatorischen Spielräumen und Expert*innen formuliert, die auf hohem Niveau an den Schnittstellen von künstlerischer Theorie und Praxis in Feldern der kulturellen und sozialen Bildung arbeiten. Auf der Grundlage dieses Diskurses konnte als Ziel der Masterausbildung eine Doppelbefähigung von Studierenden zu gleichermaßen fundiertem künstlerischen wie vermittelndem Handeln identifiziert werden. Zu den Organisationen, die sich an dem Diskurs beteiligten, zählten u.a. so unterschiedliche Träger wie der Landesverband Soziokultur Hessen, das Schultheaterstudio Frankfurt, das Amt für multikulturelle Angelegenheiten Frankfurt, die Caritas, das Kulturbüro Offenbach, der Kinderschutzbund, das Gallus-Medienzentrum sowie freiberufliche Theater- und Medienpädagog*innen.

Entsprechend wurde in der Konzeptionierung des Masterstudiengangs darauf geachtet Theorie und Praxis auf künstlerischer, kultur- und sozialwissenschaftlicher Ebene zu verbinden. Dazu gehört, neben der ästhetisch-medialen Vertiefung der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten der Studierenden in Workshops mit externen Künstlern und der Entwicklung eigener Kultur- und Kunstprojekte, die Verzahnung des Studiengangs über Sharingmodule mit dem Partnermasterstudiengang „Diversität und Inklusion“. Dies hat den Sinn interdisziplinäre Bezüge auf beiden Seiten mitzudenken, den Anwendungsbezug der eigenen Forschungs- und Projektpraxis kritisch zu reflektieren und die Fähigkeit zu entwickeln kulturelle Bildungskonzepte über die Grenzen des eigenen Fachgebiets hinaus zu vertreten.

Intermedialität und performative künstlerische Forschung

In der ästhetisch-wissenschaftlichen Ausrichtung des Masterstudiengangs „Performative Künste in sozialen Feldern“ steht die Auseinandersetzung mit den Diskursen zur Intermedialität, Performativität und Künstlerischen Forschung im Mittelpunkt. Diese Bezüge haben die aufführenden Dimensionen von künstlerischen Praxen in sozialen Feldern im Blick. Damit werden soziale und kulturelle Kategorien mit denen des Theaters wie Bühne, Rolle und das Verhältnis von Akteur*innen und Zuschauer*innen aber auch mit interdisziplinären und gesellschaftlichen Bezügen wie Bildung und Partizipation sowie Diversität und Inklusion in Verbindung gebracht. Der Master vertritt damit einen explizit erweiterten Kultur- und Theaterbegriff. Er ist somit Teil aktueller kultur- und sozialwissenschaftlicher Auseinandersetzung. Intermedialität wird dabei als sowohl medialer und zugleich reflexiver Rahmen performativer Prozesse in Alltag und Kunst verstanden, innerhalb derer ästhetische Differenzerfahrungen ermöglicht und vermittelt werden. Intermedialität wird insofern als Schlüsselbegriff im Rahmen der Kulturellen Bildung verstanden. Da Bildung immer auch Wissensgenerierung, Wissensvermittlung und Forschung impliziert, ist die künstlerische Forschung im Masterstudiengang „Performative Künste in sozialen Feldern“ zentral verankert. Künstlerische Forschung in der und durch die Kunst betrachtet und untersucht soziale Felder als ästhetisch-mediale Möglichkeitsräume und erfindet auf diese Weise neue Formen der mimetischen Aneignung und poietischen Überschreibung urbaner Strukturen, in denen wir leben. In Verbindung mit diesen theoretischen Bezügen entwerfen die Studierenden ihre eigenen intermedialen und künstlerischen Forschungskonzepte als Kunstprojekte in sozialen Feldern. Diese sind praktischer Teil ihrer wissenschaftlichen Masterarbeiten. Beispiele für Masterprojektvorhaben der ersten achtzehn Studiereden reichen von einem Sprach- und Stadterkundungsprojekt in Frankfurter Stadtteilen mit den Medien Theater und Tanz, über ein intermediales Projekt zu Geschlechterkonstruktionen in Jugendgruppen, einem performativen Kunst- und Videoprojekt „Schule und Identität“ mit Schüler*innen und jungen Geflüchteten bis zur Erforschung von experimentellen Raumkonzepten in Kirchen.

Ausbildung zu reflektierten Praktikern

Diese Projekte sind sowohl Gegenstand in fachspezifischen künstlerischen Forschungswerkstätten als auch in einem interdisziplinären Praxisforum, in dem Masterarbeiten von Studierenden beider Studiengänge fachübergreifend erörtert werden. Darüber hinaus haben die Studierenden die Möglichkeit sich durch den Besuch von Modulen zu interdisziplinären Theorien, künstlerisch-ethnografischer Feldforschung und zum Projektmanagement ein breites Instrumentarium zur qualifizierten Durchführung ihrer Projektarbeiten anzueignen. Diese gezielte Angebotsstruktur unterstützt die Studierenden des Masterstudiengangs „Performative Künste in sozialen Feldern“ in ihrer Entwicklung hin zu reflektierten Praktiker*innen im boomenden Bereich der kulturellen Bildung.

Detaillierte Informationen zur Modulstruktur, zum Bewerbungs- und Zulassungsverfahren können über die FRA UAS-website http://www.frankfurt-university.de/performa eingeholt werden.

Die Zulassung zum Studium erfolgt einmal jährlich zum Sommersemester. Bewerbungsschluss für das Sommersemester 2018 ist am 4. Dezember 2017. Ein Fach-/Infotag „Performative Künste – Handlungsraum für Soziales“ / Masterstudiengang „Performative Künste in sozialen Feldern“ findet am 10.11.2017 von 11-17 Uhr im Gebäude 2 der FRA UAS statt.

Frank Matzke ist Professor für Performative Darstellungsformen und Leiter des Studiengangs „Performative Künste in sozialen Feldern“ an der Frankfurt University of Applied Sciences. Kontakt: matzke@fb4.fra-uas.de